Tempo al Tempo coverVeröffentlichungsjahr:  Februar 2015

Copyright:  Jazzhaus Records

SCOLLO CON CELLO >TEMPO AL TEMPO<

Zeit für die Zeit

Ein musikalisches Projekt, das die Zeit zum Objekt hat, ist per se eine Tautologie, ein bisschen wie eine Erzählung, die die Tinte zum Objekt hat. Tatsache ist, dass die Musik die erste bekannte Form virtueller Realität ist. Weit vor der Erfindung jeder Sprache und damit der Erzählkunst hat der Mensch damit begonnen, die Klänge der Welt zu ordnen, um sich mentale Vorstellungen und, ich würde sagen, auch körperliche Schemata zu erschaffen, die ihm dazu dienen sollen, die Welt zu interpretieren. Aber die Klänge, die Bausteine dieser Strukturen oder, wenn wir so wollen, die Teile dieser Puzzles, sind Phänomene, die sich „in der Zeit” manifestieren. Das Ordnen der Klänge ist also beheimatet im Ordnen der Zeit selbst, die die Klänge enthält (im Gegensatz zum Beispiel zu den Bildern, die sich im Raum einer Leinwand, eines Blattes oder einer Mauer manifestieren und dort theoretisch in alle Ewigkeit unverändert erhalten bleiben). So wird die Zeit, wenn sie geordnet wird, von einer konstanten und unveränderlichen ewigen Zukunft zu einer veränderlichen und kapriziösen, unterworfen den mehr oder weniger improvisierten Determinationen des Menschen als Komponist, als Interpret, als Tänzer, als Zuhörer… des Menschen, der die Zeit mal langsam, mal schnell, mal moderato und dann wieder presto haben will, sich dann aber wieder prestissimo dem grave zuwendet … Und so erringt der Mensch, im virtuellen Spiel einer erfundenen Zeit, den Sieg über den Tod, die wahre Endstation der individuellen Zeit. Selbstverständlich läuft außerhalb der virtuellen Welt, die wir in der musikalischen Erfahrung erschaffen haben, die physikalische Zeit, jene „wahre“, unerbittlich über unseren Köpfen weiter. Aber auch diese Realität ist nicht so unabwendbar, wie es uns die Relativitätstheorie lehrt, und alles scheint uns zu suggerieren, dass die musikalische Erfahrung kein so klares Defizit an Realität haben könnte. Ich habe Etta Scollo kennengelernt, als ich geboren wurde, denn ich bin ihr Bruder, und deshalb bezeugen, dass ihre Prädisposition zur Ordnung des Universums der Klänge chronologisch fast vor jener des Gebrauchs des Wortes selbst steht (und vielleicht ist nur dies der Unterschied zwischen dem, von dem man sagt, er sei musikalisch begabt und jenem, von dem man sagt, er sei es nicht: die Priorität des Klanges vor dem Konzept, das er ausdrückt, oder umgekehrt). Die Entwicklung des musikalischen Lebens von Etta basiert gänzlich auf der Methode, die ich „intelligenter Schwamm“ nenne: Saug alles auf, was dir begegnet, (manchmal genau das, mit dem du dich zufrieden gibst), bearbeite es kreativ, gib der Außenwelt das Absorbierte „genetisch modifiziert“ zurück: als etwas, das eine unauslöschbare Spur deines kreativen Stempels trägt. Das Resultat dieses Prozesses ist das Paradoxum einer musikalischen Produktion, die im Laufe der Jahre die verschiedensten Genres durchläuft (vom Blues bis zur symphonischen Musik, um nur zwei zu nennen), die aber gleichzeitig zu Arbeiten führt, die allesamt derselben Matrix zu entstammen scheinen (wörtlich „sui generis“), die wir vielleicht als musikalische DNS identifizieren könnten. Tempo al tempo backcoverÜber Susanne Paul habe ich selbstverständlich keine so gründliche Kenntnis, aber es reicht, sie einmal zu hören, um zu verstehen, wieso die Begegnung zwischen den beiden Künstlerinnen fast vorbestimmt war. Wenn das Wort „Violoncello“ die Vorstellung von kaum wahrnehmbaren Konservatorien des bon tons, von disziplinierten und aufmerksamen Professoren, die Orchester oder Virtuosenquartette unterrichten, wachruft, können wir von Susanne sagen, dass sie diese Phase überwunden hat, wie man beim Aufwachsen die Phasen der Kindheit und der Jugend hinter sich lässt, um neue Ziele zu erreichen. Diese Ziele drücken sich in der musikalischen Erfahrung von Susanne in etwas Totalem und, ich würde sagen, in einer nahezu schamlosen Intimität mit der Musik und dem Violoncello aus, dem Instrument, bei dem sich die Musikerin nicht scheut, um eine fünfte Saite zu bitten (sogar um eine sechste, wenn es elektrisch wird). Aber Susannes Musikalität macht nicht beim Violoncello Halt, sondern nährt sich aus jeder Art von Musikinstrument, das ihr zufliegt, und, wenn ein solches fehlt, aus der Stimme. Und stellen wir uns vor, dass unsere Susanne, selbst wenn sie zum Schweigen gezwungen wäre, damit fortführe, auf einem Stück Papier oder auf der Wand einer Höhle, in die sie eingesperrt wäre, wahrnehmbare Spuren ihrer eigenen musikalischen Erfindungsgabe zu hinterlassen. SCOLLO CON CELLO ist also das Zusammentreffen zweier „Musitronen“ mit hoher Energie, potentiell dazu fähig, eine Kettenreaktion bei dem auszulösen, der ihnen zuhört. Achtung! Diese CD ist mit Vorsicht zu genießen! Sebastiano Scollo

Tracklist:  1. Il metronomo (Das Metronom)  2. Ciatu (Leben)  3. Vinutu sugnu (Gekommen, ich bin gekommen) 4. Derrida  5. Dammi il mio giorno (Gib mir meinen Tag)  6. L’ala del tempo (Der Flügel der Zeit)  7. So ist es mit dem Glück  8. Nel giusto tempo umano (In der richtigen menschlichen Zeit)  9. Monate  10. Acqua sarà (Wasser wird sein)  11. ‘Nnimini  (Rätsel) 12. Aria (Luft)  13. Sendersuchlauf  14. Monsieur Uno (Monsieur „Eins“)

Texte:  Grafik bookletDruckversion

Credits

Etta Scollo e Susanne Paul composizioni e arrangiamenti. Susanne Paul: violoncello, voce, mandolino, orologio a carillon, „cello-percussione“ Etta Scollo: voce, chitarra, singing saw, registrato da: Johannes Feige a Studioboerne45 Berlino (D) registrazioni addizionali: Etta Scollo mixato e masterizzato da: Rainer Robben a Tonlabor AudioCue Progetto grafico: Etta Scollo Artwork: Jürgen Oschwald Fotografie: Tobias Dutschke Traduzioni in tedesco: Christoph Felber , Sabine Witt Traduzioni in Italiano: Francesco Ferracin e Malin Schwerdtfeger Traduzioni dal siciliano all’italiano: Sebastiano Burgaretta, Elvira Assenza, Etta Scollo Le seguenti poesie sono state utilizzate per gentile concessione degli autori, delle case editrici, degli eredi e delle fondazioni qui elencate: „Ciatu” Il Girasole Edizioni 2004, Valverde (CT) e „L’ala del tempo” casa editrice C.U.E.C.M Catania 1995; L’autore di entrambe le poesie è Sebastiano BurgarettaDammi il mio giorno” e „Nel giusto tempo umano” di Salvatore Quasimodo, per gentile concessione di Alessandro Quasimodo, casa editrice: Arnoldo Mondadori Editore e relative traduzioni in tedesco di Christoph Felber : “Gib mir meinen Tag” e “In der richtigen menschlichen Zeit” per DVB-Mainz. „Monate“ di Joachim Sartorius, Verlag: Kiepenheuer&Witsch „Acqua sarà“ di Daniela RossiSo ist es mit dem Glück” di Anna Böhm. Il testo del brano „’Nnimini” è tratto dalla raccolta „Tradizioni Popolari Siciliane” di Giuseppe Pitrè. Per immagini o brani che attualmente risultano di proprietà ignota, il produttore artistico si rende disponibile a ottemperare quanto previsto dalla normativa sui diritti d’uso per eventuali aventi titolo. Produzione artistica: Etta Scollo Info: Etta Scollo: www. ettascollo.de/ Susanne Paul : www.groovecello.de/ Booking: Agentur Maganda – nr@maganda.de Ringraziamo tutti coloro che nell’arco di questo tempo al tempo hanno dato il loro contributo, consiglio, ispirazione e affetto, in particolare: Sebastiano Scollo, Martina Palmieri, Stefan Wulff, Hinrich Dageför, Fabio Tricomi, Alessandro Quasimodo, Jano Burgaretta, Joachim Sartorius e Karin Graf, Elvira Assenza, Gianluigi Primaverile, Caterina Consolo, Daniela Rossi, Franco Battiato, Francesco Ferracin e Malin Schwerdtfeger, Ulla Steffan, Nanna Rohlffs, Cornelia Fischer, Michael Musiol, Kay Wäcke, Pippo Pollina, Anna e Tom Böhm, Rainer Robben, Ferdinand von Seebach, Alexander Frangenheim, Peter Hinderthür, Stephan Prattes, Tobias Dutschke, Ulli Bartel, Vincenzo Marchese.

Al nostro pubblico, che il suo tempo prezioso ci dona.